Geografische Lage im römischen Umland
Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. wurde Südwestdeutschland durch das Römische Reich in Besitz genommen. Es entstanden Kastelle, Städte und Gutshöfe (Villae rusticae). Am Hang über dem heutigen Ort Stein wurde dieser Gutshof gegründet. Um 260 n. Chr. hat sich das Römische Reich dann aus dem rechtsrheinischen Gebiet zurückgezogen. Auch in Stein verließen die Bewohner die Anlage. Der Rückzug erfolgte offensichtlich planvoll, denn Zerstörungen, z.B. Brände, konnten nicht festgestellt werden. Auch die relativ geringe Anzahl von Funden deutet darauf hin. Die Anlage zerfiel nach und nach. Eine nachrömische sporadische Nutzung durch Alemannen ist nachgewiesen. Glücklicherweise wurde die Anlage bis in die heutige Zeit nicht überbaut . Es fand lediglich ein „Steinraub“ an der Oberfläche statt. Unter dem Boden sind die Reste aber weitgehend ungestört vorhanden. Für das Landesamt für Denkmalpflege ist die Anlage daher eine Örtlichkeit von herausragender Bedeutung für die Archäologie im Lande.
Mehrere Aspekte lassen Zweifel an einer rein landwirtschaftlichen Nutzung der Anlage aufkommen, zumal die lokale Bodenqualität nicht sehr gut ist. Ist das also eine der typischen provinzialrömischen „Villae Rusticae“, von denen im Raum Baden-Württemberg über 1.500 bekannt sind? Welche Rolle spielte der Tempelbezirk, der nördlich der Alpen einzigartig ist? Könnte es die Landvilla eines reichen, römischen Rottenburger Römers gewesen sein (Rottenburg war das ca. 14 km entfernte römische „Sumelocenna“)? Oder war es ein Verwaltungssitz (staatliche Domäne) für die umgebenden Ländereien? Wir wissen es nicht. Vielleicht geben weitere archäologoische Forschungen eine Antwort.
Unser Mitglied Dieter Haug hat eine ausführliche Ausarbeitung mit dem Thema „Die römischen Ruinen von Hechingen-Stein im geschichtlichen Kontext“ erstellt. Diese kann mit dem folgenden Link aufgerufen werden: Link
Gesamtplan Stand 2020
Die Anlage beeindruckt schon durch ihre Ausmaße. Die Länge der heute sichtbaren Umfassungsmauer, die teilweise rekonstruiert wurde, beträgt ca. 240 m in Nord-Süd-Richtung und ca. 140 m in der West-Ost-Richtung . Das ergibt eine umschlossene Fläche von etwa 4 Hektar. Die meisten Villae Rusticae sind deutlich kleiner. Zudem weisen Erkenntnisse der letzten Jahre darauf hin, dass diese Hofmauer in der letzten Phase gebaut wurde und die vorherige Ausdehnung verringerte. Die tatsächliche Gesamtfläche war demnach vermutlich erheblich größer.
Das Hauptgebäude liegt zentral innerhalb des durch die Außenmauer begrenzten Gebietes. Die Frontseite des ist ca. 46 m breit. Mehrere Binnenmauern gliederten den Innenraum, wobei deren Funktion unbekannt ist. An die Umfassungsmauer wurden im Laufe der Zeit mehrere Wirtschaftsgebäude angebaut.
Gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. wurde der Tempelbezirk südwestlich außerhalb der Hofmauer gebaut. Dieser Heilige Bezirk stellt ein Alleinstellungsmerkmal der Anlage dar und wird seit 2017 rekonstruiert.
Detailplan des Hauptgebäudes
Das Hauptgebäude ist eine sogenannte Portikusvilla mit Eckrisaliten. Kennzeichend sind die beiden aus der Front ragenden Ecktürme, die mit einem offenen Säulengang, der Portikus, verbunden sind. An der rückwärtigen Seite des Hauses schließt sich ein großer Innenhof an, um den sich verschiedene Zimmer gruppieren. Dabei lassen sich anhand ausgegrabener Herdstellen Küchen und mit Unterbodenheizung ausgestattete Räume unterscheiden.
Als besonderen architektonischen Akzent verband man das Haupthaus mit dem östlich davon gelegenen Bad durch einen Säulengang. Dadurch vergrößerte sich die Hauptansichtsseite um das Doppelte. Sie muss vom Tal aus einen beeindruckenden Anblick geboten haben. Weiter südlich ist durch Sondagen ein weiteres Bad bekannt.
Gesamtansicht von Norden (Stand 2016)